Abstract: | Professionelles Handeln gehört zu den Kernkompetenzen einer Lehrperson und dient dazu, im beruflichen Kontext differenziert und angemessen agieren zu können. Dabei ist der Schulalltag von zahlreichen Situationen geprägt, die durch individuelle Einstellungen, Werte und Normen beeinflusst werden. Dies erfordert, sich mit der eigenen Person auseinanderzusetzen. Professionalisierung von Lehramtsstudierenden wird vor allem hinsichtlich der Praxisphasen in der Lehrerbildung in den Blick genommen (Artmann et al., 2018; Jennek, 2022), kann jedoch auch durch Reflexionsanlässe in der hochschulischen Lehrerbildung angeregt werden. Hierbei ist es wichtig, Formate zu schaffen, in welchen sich Lehramtsstudierende ihrer persönlichen Einstellungen, Überzeugungen und Werthaltungen bewusst werden. Die Q-Methode als Forschungszugang an der Schnittstelle von qualitativen und quantitativen Methoden ermöglicht genau diese Erfassung komplexer Meinungsbilder, Einstellungen und Wertorientierungen aus subjektiver Perspektive (z.B. Brown, 1993; Stenner/Stainton Rogers, 2004). So konnten Kling und Lintner (2022) zeigen, dass die Q-Methode Reflexionsprozesse bei Lehramtsstudierenden anregen und bestehende Einstellungsmuster zu ausgewählten Themen aus der Schulpraxis aufdecken kann. Außerdem ist der Forschungszugang für die Analyse kleiner Stichproben ausgelegt. Daran anknüpfend wird in diesem Beitrag in einem explorativen Design der Frage nachgegangen, in welcher Weise Q als didaktisches Instrument zur Selbstprofessionalisierung von Lehramtsstudierenden in der hochschulischen Lehrerbildung eingesetzt werden kann. - Das Studiendesign beinhaltet vier aufeinander aufbauende Phasen der Selbstreflexion: (1) Pre-Q-Sort (Semesteranfang), (2) Impuls: Diskussion der Bewertung der einzelnen Statements, (3) Impuls: Faktorencharakterisierung & Selbsteinschätzung, (4) Post-Q-Sort (Semesterende). Die Studie wurde im Sommersemester 2023 mit Lehramtsstudierenden (63% weiblich) im abschließenden bildungswissenschaftlichen Modul im Master of Education an einer baden-württembergischen Universität durchgeführt. Die Inhalte des Moduls zur Professionalisierung im Lehrberuf wurden begrifflich aufgearbeitet (z.B. Fehlerkultur & Leistungsbewertung, Verantwortungsübernahme & Selbstschutz, Wertevermittlung) und in 23 Statements als Q-Set operationalisiert. Im Q-Sort werden die einzelnen Statements relativ zueinander bewertet und in ein bipolares, (pseudo-)normales Verteilungsschema sortiert. Um ein umfassendes, detailliertes Verständnis der subjektiven Einstellungen zu erhalten, wurden ergänzend offene Fragen gestellt und inhaltsanalytisch (Kuckartz, 2018) ausgewertet. - Die individuellen Pre-Q-Sorts (1) (N=39) wurden online mit Q-Perspectives® (Walker/Lin, 2017) erhoben und mittels Ken-Q (Banasick, 2019) korreliert und einer inversen Faktorenanalyse unterzogen. Q analysiert dabei im Gegensatz zur R-Methode Individuen als Variablen (Stephenson, 1935). Es wurden 3 Faktoren (p<0.01) extrahiert, die 60% Varianz erklären. Die inhaltsanalytischen Ergebnisse zeigen, dass sich die Lehramtsstudierenden intensiv mit dem Q-Sort auseinandergesetzt haben und beispielsweise reflektieren, welche Werte sie vertreten und wie schwierig es ist, alle Facetten des Lehrberufs gleichbedeutend umzusetzen. Die Diskussion der Bewertung einzelner Statements (2) im Seminarkontext ermöglichte die Verknüpfung mit den Modulthemen und der - - Konkretisierung individueller Fragestellungen für die Modulprüfung. Im zweiten Impuls (3) wurden die Ergebnisse der Faktorenanalyse des Pre-Q-Sort präsentiert, woraufhin die Lehramtsstudierenden jeden Faktor als “Lehrertyp” charakterisieren und sich selbst zuordnen sollten: Faktor 1 steht für professionelles Handeln mit Fokus auf der Förderung der Persönlichkeitsentwicklung der Schüler:innen. Faktor 2 wurde als Schüler:innenzentriertes Gestalten von Lernsettings charakterisiert. Faktor 3 steht für verantwortungsbewusstes Einzelkämpfertum mit Fokus auf fachbezogene Lernziele. Die Post-Q-Sorts (4) zeigen durch die intensive Selbstreflexion in den Phasen 1-3 reflektierte Einstellungsmuster der Lehramtsstudierenden auf. Durch den Vergleich von Pre- und Post-Q-Sort können außerdem Veränderungen erfasst und intraindividuell hinsichtlich der Übereinstimmung von Selbstauskunft und statistischer Analyse ausgewertet werden. Mit den Ergebnissen der vier Phasen lässt sich nachzeichnen, dass durch den gezielten Einsatz von Q als didaktischem Instrument sowie damit verknüpften Impulsen Selbstprofessionalisierung von angehenden Lehrer:innen befördert werden kann. Im Vortrag wird das Selbstreflexionspotential der vier Phasen ausführlich dargestellt und analysiert sowie mit Blick auf den Einsatz in der hochschulischen Lehrerbildung diskutiert. |